Dr. KI hilft bei Tumorerkennung

Präzisere Krebsdiagnosen, bessere Behandlung: Im Forschungsprojekt COMFORT entsteht eine KI-Plattform, die Mediziner*innen bei der Diagnose von Nieren- und Prostatakrebs unterstützen soll. Mit dabei im internationalen Team: KI-Experten der BHT.

Lage der menschlichen Nieren im Körper in Röntgen-ähnlicher Darstellung
Nierenkrebs macht rund drei Prozent aller Krebserkrankungen bei Erwachsenen aus. Bild: Sebastian Kaulitzki/stock.adobe.com

Was haben eine Fraktur des Sprunggelenks und Nierenkrebs gemeinsam? Auf den ersten Blick scheinen sie nichts miteinander zu tun zu haben. Doch für Conor Fallon von der Berliner Hochschule für Technik (BHT) gibt es eine Verbindung. Der wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt sich im Forschungsprojekt COMFORT mit Methoden der Künstlichen Intelligenz, die Prostata- und Nierenkrebs erkennen können, allein durch die Analyse von Patientendaten. Er nennt sie „unbeschriftete Informationen“, also MRT-, CT- oder Röntgen-Bilder, Biomarker in Gewebeproben und Arztnotizen.

„Das Aufspüren von Prostatakrebs ist relativ einfach, während Nierenkrebs in den Daten schwierig zu entdecken ist“, sagt Fallon. An dieser Stelle kommt das Sprunggelenk ins Spiel. Die Daten einer Fraktur weisen Parallelen zu denen von Nierenkrebs auf. „Sprunggelenke verhalten sich zu den Beinen wie Nieren zum Torso.“ Das Forschungsteam entwickelt deswegen ein Tool, um Sprunggelenksfrakturen in Datensätzen zu identifizieren. Anschließend soll das Verfahren auf Nierenkrebs übertragen werden.

Das vierjährige COMFORT-Projekt, gefördert von der Europäischen Union mit drei Millionen Euro, ist international ausgelegt. Neben der BHT arbeiten Forscherinnen und Forscher von 14 Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen an neuen KI-Modellen. Sie sollen die Diagnose, die klinischen Vorhersage und die Behandlung von Prostata- und Nierenkrebs verbessern.

Training für Sprachmodelle

Jährlich erhalten Millionen von Menschen in der EU den Befund eines solchen Tumors durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Darunter sind, wie sich erst später zeigt, zahlreiche Fehleinschätzungen, mit Folgen für die Betroffenen: „Operationen und Chemotherapien sind schwerwiegende Eingriffe, die die Menschen oftmals traumatisierend erleben“, erläutert Dennis Fast, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter. Das COMFORT-Forschungsteam will Ärzt*innen deswegen eine KI-Software an die Hand geben, die sie als datengestützte Entscheidungshilfe bei der Bestimmung unterstützt.

Für die BHT engagiert sich die Forschungsgruppe DATEXIS (Data Science and Text-based Information Systems), geleitet von Prof. Dr. Alexander Löser vom Fachbereich VI, in COMFORT. Das Team, dem Conor Fallon und Dennis Fast angehören, besitzt Expertise in der Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP, Natural Language Processing). In dem Projekt konzentriert sich das Team auf radiologische Berichte zu Nieren- und Prostatakrebs. Die KI-Modelle müssen die Textinformationen mithilfe von Regeln, Algorithmen oder Techniken aus den Sprachwissenschaften verarbeiten, verstehen und interpretieren können.

Im nächsten Schritt gilt es, existierende Sprachmodelle wie ChatGPT für die medizinische Anwendung anzupassen. „Unsere Aufgabe besteht darin, die Modelle mit Gesundheitsdaten und medizinischen Dokumentationen zu trainieren“, sagt Conor Fallon. Daneben erstellt das Team sogenannte Skriptmodelle für spezifische Aufgaben, die Aufgaben nach definierten Regeln bearbeiten. In COMFORT kommen solche Modelle zum Einsatz, um beispielsweise passende Behandlungspläne zu empfehlen.

Problem Mehrsprachigkeit

Der internationale Ansatz des Forschungsprojekts bringt für das DATEXIS-Team Herausforderungen mit sich. So liegen die Gesundheitsdaten in unterschiedlichen Sprachen vor. „Wir haben spanische Ärzte, griechische Daten, schwedische Daten und so weiter“, beschreibt Dennis Fast das Sprachgewirr. Die textbasierten KI-Modelle dafür anzupassen, sei schwierig und zeitaufwendig. Ein weiteres Problem sieht der Doktorand in den wenig verfügbaren Patientendaten, die für das Training der Modelle benötigt werden. Der Grund: Gesundheitsdaten unterliegen strengen Datenschutzbestimmungen.

Conor Fallon erwartet, dass die Umsetzung der KI-Plattform, die das medizinische Personal bei der Diagnose von Krebs zukünftig unterstützten soll, knifflig werden könne. In dem Projekt ist vorgesehen, die Software in die IT-Systeme der teilnehmenden Kliniken zu integrieren und im Praxiseinsatz zu testen. Dem KI-Experten zufolge muss dafür eine vollständig neue IT-Infrastruktur aufgebaut werden, damit die Krankenhäuser vertrauliche Patientendaten miteinander teilen können. Fallon ist sich nicht sicher, ob es bis zum Projektende im März 2027 gelingt, einen Prototyp für die KI-Krebsdiagnose mitsamt der nötigen Infrastruktur zu erstellen. Grundsätzlich sei er jedoch optimistisch: „Die Arbeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

 


Das Projekt: COMFORT


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