Prof. Dattners glänzende Idee

Autos, Displays oder Möbel: Glänzende Oberflächen sind überall zu finden. Den Glanzgrad zu bestimmen, stellt die Hersteller jedoch vor Herausforderungen. Prof. Dr. Dattner forscht an der Berliner Hochschule für Technik an einer innovativen neuen Messmethode.

Prof. Dr. Michael Dattner
Prof. Dr. Michael Dattner befasst sich mit HochglanzflächenBild: Karsten Flögel/BHT, hedgehog94/stock.adobe.com

Die beiden Hochglanzplatten, mit denen Prof. Dr. Michael Dattner, Fachbereich VI, öfter auf dem Weg zu Fachterminen zu sehen ist, liegen nebeneinander auf seinem Schreibtisch im Büro. Die Beschichtung einer Holzfaserplatte reflektiert die Beleuchtung an der Decke wie ein Spiegel. Auf der anderen verschwimmt das Abbild hingegen. Glanz ist eben nicht gleich Glanz. Mit den Platten demonstriert der Professor der Berliner Hochschule für Technik (BHT), woran er seit mehr als drei Jahren forscht: die großflächige Bestimmung von Hochglanzflächen. Um dies zu erreichen, projiziert er darauf Muster, die wiederum digital fotografiert und dann automatisiert ausgewertet werden, zukünftig möglicherweise auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). Sein Konzept besitzt das Potenzial, die Messung von Glanz zu revolutionieren. Vor kurzem reichte er ein Patent für seine Messmethode ein, zu dem ebenfalls eine Ausgründung der BHT angedacht ist. Zugleich plant Dattner, Fördermittel für ein vertiefendes Forschungsprojekt zu beantragen.

Egal ob Auto, Handy-Display, Klavier oder Möbel: Glänzende Oberflächen sind auf vielen Produkten zu finden. Ihre Herstellung ist für Unternehmen allerdings ein Problem, soll der Glanz auf einer Ware schließlich überall in gleicher Intensität verteilt sein. Gängige Handmessgeräte, die den Glanz von Kunststoff, Papier oder Lack über die Messung der gerichteten Reflexion bestimmen, haben nach Angaben des Professors mit mehrschichtig aufgebauten Oberflächen, die weit verbreitet sind, Schwierigkeiten. Der Grund: Messwinkel sowie individuelle Brechungsindizes beeinflussen das Resultat. „Die Oberflächen können sich trotz identischer Messwerte visuell stark unterscheiden“, sagt Dattner. Außerdem sei die Messung sehr zeitintensiv, da ein Handgerät jeweils nur eine Fläche kleiner als eine Ein-Euro-Münze untersuchen könne.

KI-gestützte Glanzbewertung

Im Projekt BigAreaGloss-ID, gefördert vom Institut für angewandte Forschung Berlin (IFAF), untersuchte Dattner 2021, ob seine Idee für eine automatisierte und KI-gestützte Bewertung großer Oberflächen überhaupt funktionieren kann. Dafür projizierte er auf eine glänzende Fläche ein Gittermuster, dessen Reflexion er mit einer handelsüblichen Digitalkamera aufnahm. Die Digitalbilder konvertierte er in Grauwerte, aus denen er Linienkontrast, -breite und -steigung zunächst manuell bestimmte. Eine Erkenntnis daraus: Umso stärker der Kontrast, desto intensiver zeigt sich der Glanz. Seine Ergebnisse verglich er mit denen herkömmlicher Messgeräte. Es zeigte sich: Das neue Verfahren arbeitet präzise und verlässlich. „Die Handmessgeräte gaben bei speziellen Prüfmustern zum Teil widersprüchliche Daten aus“, sagt Dattner.

Nach dem IFAF-Forschungsprojekt holte der Professor seinen Kollegen Prof. Dr. Andreas Tewes, Fachbereich II, mit ins Boot. Im Rahmen einer gemeinschaftlich betreuten Bachelorarbeit legten sie die Basis für eine KI-gestützte Glanzbewertung, wenn konsistentes Bildmaterial zur Verfügung gestellt werden kann. In diesem Zusammenhang ist Dattner inzwischen dazu übergegangen, jedes Foto in Segmente zu unterteilen, die einzeln analysiert werden. Zuvor hatte die Auswertung ganzer Bilder in einem Schritt immer wieder verfälschte Ergebnisse erbracht, da sich die einzelnen Probensegmente und damit die dazugehörigen Bildbereiche zu sehr unterschieden.

Patent beantragt

Gegenwärtig arbeitet Dattner an den Algorithmen, mit der eine vollautomatische Analyse der Bilddaten bezüglich vieler Glanz-Parameter möglich sein wird. Perspektivisch soll es ebenso möglich sein, nicht nur ebene Oberflächen zu analysieren, sondern auch die Oberfläche von Körpern zu beurteilen, wie sie beispielsweise bei Autokarosserien vorkommen.

„Das Konzept besitzt revolutionäres Potenzial“, sagt der Professor. Für die innovative Messmethode hat er ein Patent beantragt. Außerdem ist die Beantragung von Forschungsmitteln geplant, mit dem er den Ansatz vertiefen möchte. Einsatzmöglichkeiten für die großflächige Bestimmung von Hochglanzflächen sieht er in der Druck-, Weiterverarbeitungs- und Veredelungsindustrie, in der Möbel- und Autoindustrie sowie unter anderem in der Glasherstellung. Die Unternehmen, mit denen er im Gespräch ist, zeigten großes Interesse, schildert Dattner. „Das Thema wird bald richtig fliegen“, ist sich der Professor sicher.


Informationen und Kontakt

Prof. Dr. Michael Dattner, Fachbereich VI

 

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