Die Stadt von morgen in 3D sehen

Im Forschungsprojekt INSPIRER entsteht eine Smartphone-App, mit der Bauvorhaben vor Ort als virtuelle 3D-Objekte betrachtet werden können. Das digitale Angebot soll die Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung stärken und Bauprojekte vorstellbar machen. Gegenwärtig steht die Erprobung in der Praxis an.

Auf dem Handy-Kamerabild ist ein 3D-Modell eines geplanten Bauwerks eingeblendet.
Auf dem Handy-Kamerabild ist ein 3D-Modell eines geplanten Bauwerks eingeblendet.Bild: HTW Berlin/Changing Cities

Scharfer Protest und verhärtete Fronten: Das Beispiel „Stuttgart 21“ illustriert, wie viel Konfliktpotenzial in öffentlichen Bauvorhaben stecken kann. Der Bau des Stuttgarter Bahnhofs hatte Massendemonstrationen provoziert. Erst nach einer Volksabstimmung ebbte der Streit ab. Heutzutage findet vielerorts bereits in der Planungsphase eine Bürgerbeteiligung statt, häufig in Form von Informationsveranstaltungen, bei denen Modelle oder technische Pläne zu sehen sind. Die Kritik: Besonders zugänglich sind diese Angebote nicht. Außerdem fällt es schwer, sich das endgültige Aussehen eines Bauvorhabens vorzustellen.

An dieser Stelle kommt das Projekt INSPIRER ins Spiel, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit knapp 1,8 Millionen Euro fördert. Es soll die Teilhabe an der Stadtplanung neu denken und zugänglicher gestalten – mithilfe von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR). Für Smartphone oder Tablet entsteht eine AR-App, die sich am Ort des Bauvorhabens nutzen lässt. Sie zeigt auf dem Gerät über die Kamerafunktion Live-Bilder der Umgebung und fügt das geplante Bauwerk als virtuelles 3D-Objekt ein. So kann das Gebiet betrachtet werden, als wäre das Bauvorhaben abgeschlossen. Dasselbe soll auch mit einer VR-Brille oder an einem Monitor erlebbar sein, etwa von zu Hause aus.

Test in der Stadt Fellbach

In INSPIRER sollen ebenso interaktive, virtuelle Bedienelemente entstehen. „Die Menschen sollen virtuelle Klebezettel mit Anmerkungen hinterlassen können, die öffentlich einsehbar sind“, sagt Prof. Dr. Ute Wagner, die an der Berliner Hochschule für Technik (BHT) am Fachbereich II zusammen mit Prof. Dr. Margitta Pries an dem Projekt arbeitet. So könne man etwa anmerken, dass ein geplanter Fahrradweg zu schmal angelegt sei, erklärt die Mathematik-Professorin.

Neben der BHT sind an dem dreijährigen Forschungsprojekt (August 2021 bis Juni 2024) die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und die Hochschule für Technik Stuttgart beteiligt. Die App soll auch in der Praxis erprobt werden. Dafür kooperieren die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit mehreren Praxispartnern sowie der Stadt Fellbach. Dort sollen für zwei Bauprojekte, darunter die Gestaltung eines Kreisverkehrs, dreidimensionale Modelle entstehen.

Demonstrator in der Praxis

In der schwäbischen Stadt soll ebenso untersucht werden, wie die Bevölkerung das digitale Angebot annimmt. Deshalb machte die Stadtverwaltung bei Veranstaltungen bereits auf das Projekt aufmerksam. Geplant sind außerdem Führungen, bei denen Teilnehmer und Teilnehmerinnen den geplanten Bauort besuchen und virtuell per App erkunden.

Die BHT-Forscherinnen fokussieren sich in ihrem Teilprojekt auf die technischen Aspekte von INSPIRER. Sie müssen die App sowie einen Server erstellen, in dem 3D-Stadtmodelle, Planungsdaten und User-Kommentare gespeichert sind. „Die Herausforderung liegt darin, dass die Datenmengen für die Anwendung auf dem Handy schnell genug geladen werden“, sagt Wagner. Sie müssen abhängig von Standort und dem Blickwinkel berechnet werden. Am Ende des Forschungsprojekts sollen die Menschen in Fellbach einen Demonstrator der App erproben können.


INSPIRER – Informationen und Kontakt

  • BHT-Projektseite
  • Projektwebsite
  • Laufzeit: 08/2021 bis 06/2024
  • Partner: Berliner Hochschule für Technik, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Hochschule für Technik Stuttgart, Point Cloud Technology, VIRCE Kompetenzzentrum für Virtuelle Realität und Kooperatives Engineering, Stadt Fellbach, FrauenComputerZentrumBerlin
  • Prof. Dr. Margitta Pries und Prof. Dr. Ute Wagner, Fachbereich II

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