Souveräne KI für Europa

In einem neuen Projekt entwickeln Forschende der BHT ein Open-Source-KI-Modell, das komplexe Fragen lösen und in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheitswesen eingesetzt werden kann. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Vorhaben.

Foto: Mehrere 3D-Formen in einer Reihe mit Code-Fragmenten darin.
Bild: Wes Cockx & Google DeepMind / https://betterimagesofai.org / https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Ob in Industrie, Verwaltung oder Wissenschaft: In Europa ist der Bedarf nach vertrauenswürdigen, leistungsfähigen und wirtschaftlich einsetzbaren KI-Lösungen hoch. Doch im Bereich großer Sprachmodelle (Large Language Models, kurz: LLM) dominieren derzeit außereuropäische Anbieter und deren geschlossene Systeme. Zwar existieren bisher schon APERTUS aus der Schweiz, ein europäisches Modell, das transparent in Trainingsdaten und auch -methoden ist, sowie das Modell Teuken der Fraunhofer Gesellschaft. Beide sind jedoch noch nicht auf dem Stand der aktuellen Technik, wie DeepSeek R1, OpenAI, Antrophic, QWEN 3.0, LLAMA 4.0 oder OLMO 2 von AllenAI.

Forschende aus ganz Deutschland haben sich deshalb im neuen Verbundprojekt „Souveräne KI für Europa“ zusammengeschlossen. Sie arbeiten an einem offenen und skalierbaren KI-System, das internationalen Standards entsprechen und unter vollständiger Datenhoheit, Transparenz und Offenheit operieren soll. Gefördert werden sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, finanziert über die Fördermaßnahme „IPCEI-CIS“, unter dem Projektnamen EU-SAI.

Während im ersten Teilprojekt ein leistungsfähiges Basismodell (LLM) entsteht, entwickelt das Forschungsteam der BHT unter Leitung von Prof. Dr. habil. Alexander Löser und Prof. Dr. Felix Gers (Fachbereich VI) im zweiten Teilprojekt ein sogenanntes Large-Reasoning-Model (LRM). Dafür erweitert es das von den Partnern trainierte LLM um die Fähigkeit, logisch zu schlussfolgern und komplexe Aufgaben zu lösen. Das LRM soll an spezifische Anwendungen anpassbar sein, etwa für die Bereiche Gesundheit. Reasoning Modelle existieren erst seit kurzem, wir kennen diese unter OpenAI O3 oder DeepSeek R1. Diese Modelle sind auch die Basis für eigenständig agierende Agenten. Beide Technologien sind von der deutschen Wirtschaft aber auch Verwaltung stark nachgefragt.  

Neben der BHT sind mehrere Forschungseinrichtungen und zwei Unternehmen aus Deutschland beteiligt: Akademie für Künstliche Intelligenz gGmbH, Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI), Leibniz Universität Hannover, Universität Würzburg, Technische Univesität Darmstadt / Hessisches Zentrum für Künstliche Intelligenz (Hessian.AI), Merantix Momentum GmbH, ellamind GmbH.

Das Großprojekt „IPCEI-CIS (Important Project of Common European Interest – IPCEI Next Generation Cloud Infrastructure and Services)“ zielt darauf ab, die digitale Souveränität Deutschlands und Europas zu stärken. Mehr als 19 Millionen sollen in Rechenzeit investiert werden. Für eine Laufzeit von zwölf Monaten erhält das Team an der BHT rund 197.000 Euro, gestartet ist das Projekt im Oktober 2025.

Weitere Informationen

Zum Thema modulare Sprachmodelle und zur Bewahrung der Souveränität berichtete Alexander Löser kürzlich in der Oktober-Ausgabe des Handelsblatt Journals „Zukunft IT & KI“ (S. 28-29). Zum Download

Weitere Meldungen

Wo entsteht der Lärm?

Verkehr gehört zu den Hauptquellen für Lärm. Seit 2020 ist ein Forschungsteam der BHT mit Partnern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz dieser Schallquelle auf der Spur. Mit einer erneuten Förderung durch die DFG können die Forschenden ihre Arbeit nun fortsetzen. mehr…

PointCloud2Twin: Schluss mit veralteten Gebäudeplänen

Nach der Fertigstellung von Bauwerken werden die dazugehörenden digitalen Zwillinge oft nicht mehr aktualisiert. In einem neuen Forschungsprojekt wollen Forschende die Abbilder von Bestandsgebäuden mithilfe von 3D-Punktwolken aktuell halten. mehr…

Biologisch abbaubare Kunststoffe aus Abfall

Um die Grundlage für umweltfreundlichere Kunststofflösungen zu schaffen, arbeiten BHT-Professor Sebastian Riedel und ein koreanischer Kollege künftig in einem neuen Forschungsprojekt zusammen. Die DFG fördert das Vorhaben. mehr…